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IMG 0076Wie bekannt ist unser Sportvorsitzender Heiko Köpke auch Vorsitzender der IGL, der Interessengemeinschaft Leistungssport. Die IGL informiert nun in einem Statement ihre Position anlässlich der Präsidiumssitzung des DRV Mitte Mai in Essen:

 Essener Beschlüsse von DRV-Präsidium und Länderrat zur Umsetzung der Leistungssportreform geben Steine statt Brot

Mit ihrem am 16. Mai 2018 veröffentlichten Beschlusskatalog versuchen DRV Präsidium und Länderrat, die Diskussion um die Umsetzung der Leistungssportreform zum Abschluss zu bringen. Die IGL stellt dazu klar fest, dass die von der DRV-Führung anlässlich ihrer Sitzung in Essen gefassten Beschlüsse in der veröffentlichten Form ungeeignet sind, um den deutschen Ruderleistungssport neu auszurichten und ihn international wieder nachhaltig wettbewerbsfähig zu machen.
Im Einzelnen sind dazu folgende Punkte anzumerken:
Die IGL begrüßt, dass der DRV sich endlich mit dem Problem des „Drop-Out“ im U19/U23 Bereich befassen will. Zugleich trifft der DRV Beschlüsse, die diesen Drop-Out weiter vorantreiben werden.

Die IGL begrüßt auch den Ansatz, weitere DRV-Leistungsstützpunkte als Bindeglied zwischen den Landes- und den verbliebenen Bundesstützpunkten zu erhalten bzw. zu etablieren, damit Rudern in Deutschland möglichst überall gefördert werden kann. Rolle, Funktionsweise und Ausstattung dieser Stützpunkte bleiben jedoch undefiniert, was umso unglücklicher ist, als gleichzeitig an der umstrittenen Zentralisierung ab November 2018 festgehalten wird („zentrale Zuständigkeit für die Entwicklung und das tägliche Training“). Diese erachten wir nach wie vor in ihrer Zwanghaftigkeit als äußerst kontraproduktiv; auch auf der Grundlage von Einzelfallentscheidungen des leitenden Bundestrainers in Aussicht gestellte Ausnahmen für Kleinboote und Leichtgewichte geben den betroffenen Athleten keine Planungssicherheit. Der Beschluss, bei der Mannschaftsbildung auch Sportler zu berücksichtigen, die bis
November 2018 nicht am „disziplinführenden Stützpunkt“ trainiert haben, drückt nichts anderes als eine Selbstverständlichkeit aus. Es wird damit aber eben auch klar gemacht, dass Sportler, die ab November dieses Jahres nicht täglich an einem der drei Leitstützpunkte trainieren, bei der Mannschaftsbildung nicht berücksichtigt und nicht mehr als Kadermitglied unterstützt werden. Dies steht im direkten Widerspruch zu einer Kernforderung der IGL. Wir glauben nicht, dass sich der deutsche Rudersport dieses Vorgehen leisten kann, ohne noch viele weitere Athleten zu verlieren. Die DRV-Führung versteckt sich hinter einem „weltweit geltenden Standard zum gemeinsamen Training der jeweiligen Disziplinen“, ohne die spezifischen Verhältnisse in Deutschland zu berücksichtigen. Die durch Einräumung der rechtlichen Vertretungsfunktion vom Vorstand angestrebte Stärkung der Funktion des Sportdirektors war auf dem Rudertag 2016 in Essen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden. Es ist eine bemerkenswerte Missachtung der Mehrheitsmeinung der Vereine, dass der DRV dies nun nochmals durchsetzen will.

Eine andere inakzeptable Qualität geht mit der Vorstellung einher, dass nicht – satzungsgemäß – der gewählte Ressortvorstand den Leistungssport verantworten soll, sondern, wie nun von der DRV-Führung vorgeschlagen, ein hauptamtlicher Mitarbeiter. Wer führt den Sportdirektor? Wer stellt ihn ein? Gibt er selbst die strategischen Rahmenbedingungen vor, in denen er sich als angestellter Mitarbeiter operativ zu bewegen hat? Die unmittelbare Verantwortung des geschäftsführenden Vorstands für den Leistungssport wird auf diesem Weg verwischt. Eine transparente und satzungskonforme Führung sieht anders aus. Die breitere demokratische Legitimation der Mitglieder eines neuen „Beirats Leistungssport“ wird ausdrücklich begrüßt; dieser Beirat entspricht im Grunde den IGL-Vorschlägen. Aufgaben und Funktion sowie Rechte des Beirats bleiben jedoch leider unerklärt. Der Beirat sollte nicht in erster Linie dem Sportdirektor, sondern dem Vorstand Leistungssport zur Seite stehen. Im Idealfall arbeiten alle harmonisch zusammen. Im Zweifel müssen in unserem Verband aber gewählte Köpfe und Meinungsträger den angestellten Mitarbeitern vorgehen. Die vom DRV veröffentlichten Beschlüsse wirken unscharf, wenig zu Ende konzipiert.

Zur Kommunikation und Führungskultur im DRV, zu Transparenz und Beteiligung, aber auch zu ganz anderen Themenkomplexen, die im Arbeitskreis bearbeitet wurden, haben die Gremien bedauerlicherweise keine Stellung bezogen oder gar schon Verbesserungen auf den Weg gebracht.
Insgesamt unkommentiert lässt der DRV auch, wie er mit den vom BMI beschlossenen Haushaltsrestriktionen umgehen will. Die „vollständige Umsetzung der Reform“ sei – so erklären DOSB und Verbände – „ohne Mittelaufwachs nicht möglich“. Was aber passiert nun, wenn diese Mittel tatsächlich nicht kommen? Welche Folgen hat dies für den DRV organisatorisch und finanziell? Wird dann die Reform zurückgedreht, abgebrochen? Oder woher kommen dann die fehlenden Mittel? Welche ungedeckten Vorlaufkosten sind bereits aufgelaufen und belasten das Budget 2018? Wie genau sieht es für 2019 und 2020 aus? Was bedeutet die Situation im Detail für unseren Leistungssport bis 2020? Einige von der IGL und dem Arbeitskreis Leistungssport aufgebrachte Aspekte werden in der Veröffentlichung der Beschlüsse vom 16.05.2018 zwar adressiert, in den entscheidenden Punkten bilden die Beschlüsse jedoch keinesfalls die vorgeschlagenen Änderungen im Leistungssport des Verbandes ab. Die IGL wird sich daher weiter intensiv für eine umfassende Erneuerung im Deutschen Ruderverband und seinen Gremien einsetzen.
IGL, 25. Mai 2018